LesArt.Preis der jungen Literatur



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2023

Elena Agebo

Elena Agebo gewinnt mit „Die Muttersprache meiner Mutter” den LesArt.Preis 2023

Begründung der Jury

Die Muttersprache meiner Mutter
von Elena Agebo

Der Text Die Muttersprache meiner Mutter von Elena Agebo überzeugt durch sprachliche Souveränität und Vielschichtigkeit.
In drei kurzen Kapiteln schildert und reflektiert die Autorin schmerzhafte sprachliche Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart. Der genaue und vielschichtige Text ist ein kleiner, kluger Essay über kulturelle, sprachliche und körperliche Unterscheidungsmerkmale von Menschen am Beispiel von Äthiopien und Eritrea.
Doch enthält er in der Darstellung des Besonderen auch das Allgemeine. In einer wunderbaren Aufzählung der Sprecherinnen und Sprecher der Muttersprache ihrer Mutter und ihres Vaters wird der Verlust der Muttersprache der Autorin auf eindringliche und schmerzhafte Weise deutlich. Der ortsansässige native speaker muss sich eingestehen, dass er die Situation vieler seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger so weder gesehen noch gedacht hat. – Wir müssen aufmerksamer füreinander werden. Denn Globalisierung, Migration, Vertreibung und Kriege mischen die Weltbevölkerung ganz unerwartet neu.
So wird dieser Essay auch zu einem Ort des Eingedenkens über sprachliche und kulturelle Verluste, der im Alltag weder bei der Arbeit noch in der Freizeit einen Raum findet.
Die Beschreibung der chinesischen Folter wird dem/der überraschten Leser*In am Ende des Textes zu einer eindringlichen Metapher des Verlustschmerzes.
Der Verlust der Muttersprache ist ein bleibender Schmerz, den aber die lebendige, gesprochene Sprache zu lindern vermag. Wir müssen sprechen. Unbedingt.
Und so ist es wundervoll an diesem Text zu sehen, dass die Synergien und Sympathien zwischen Elena Agebo und der deutschen Sprache so stark sind, dass die deutsche Sprache sie ganz fest in ihre Arme genommen und zärtlich gedrückt hat.

Herzlichen Glückwunsch im Namen der gesamten LesArt.Preis-Jury an Elena Agebo zum LesArt.Preis 2023!

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Der LesArt.Preis der jungen Literatur ist mit EUR 1.000,– dotiert, von der Sparkasse Dortmund gestiftet und wurde bei der LesArt.Gala am 11. November 2023 von Vorstandsmitglied der Sparkasse Dortmund Herrn Jörg Busatta im Domicil Dortmund überreicht.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2022

Leonard Nadolny

Leonard Nadolny gewinnt mit „Paul, der Content Creator” den LesArt.Preis 2022

Begründung der Jury

Paul, der Content-Creator

Paul ist leise und wird immer leiser und lässt uns nachdenklich zurück...  

„Paul, der Content Creator” zeigt wie der junge Protagonist, den Tod (Suizid) seiner Schwester verarbeiten muss. Nägelkauend und von den Eltern dabei allein gelassen, wird er zum Beobachter – online, von seinem Freund Kadir und von sich selbst. Ein scheinbar typischer Generationenkonflikt ist nicht das zentrale Problem, wie der Leser aber erst am Ende erfährt. Es ist der Umgang mit Trauer, ein Sich-Zurückziehen und der Wille, sich mit einer neuen Realität abzufinden oder vor ihr zu flüchten - mit dem Suizid als letzte Option.

Mit Verve entwirft Leonhard Nadolny auf wenigen Seiten eine Geschichte, die so prägnant und dicht von Trauer und Trauma, von Vereinzelung und Fluchten in andere Welten bis schließlich in die unendlichen Weiten des World Wide Web handelt, dass man förmlich angezogen wird und ehe man sichs versieht ist man mittendrin in einer Geschichte, die so geschickt mit Realitäten und Utopien spielt, dass man am Ende selbst angstvoll auf die eigenen Finger guckt, um etwaige Veränderungen auszuschließen...

Herzlichen Glückwunsch im Namen der gesamten LesArt.Preis-Jury an Leonard Nadolny zum LesArt.Preis 2022!

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Der LesArt.Preis der jungen Literatur ist mit EUR 1.000,– dotiert, von der Sparkasse Dortmund gestiftet und wurde bei der LesArt.Gala am 12. November 2022 von Vorstandsmitglied der Sparkasse Dortmund Herrn Jörg Busatta im Domicil Dortmund überreicht.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2021

Lisa Roy

Lisa Roy gewinnt mit „Die Schwester” den LesArt.Preis 2021

Laudatio

Von Ralf Thenior

"Die Schwester" ist die Geschichte eines geselligen Abends, an dem die Gastgeberin eine heftige Irritation erfährt. Es ist für alles gesorgt, der Tisch ist gedeckt, die Speisen sind zubereitet und die Hausfrau hat sich, wie in ihren Kreisen üblich, noch ordentlich aufgebrezelt mit Schmuck, Schminke und allem, was für sie dazu gehört.
Ein Freund ihres Mannes bringt eine Schwester mit, die ungeschminkt und in Jeans und T-Shirt kommt. Ihr ironisches Lächeln, ihre kurzen Einwürfe bei Gesprächen verunsichern die Gastgeberin dermaßen, dass sie fast aus dem Tritt kommt. Ihr gelingt es nur mit Mühe, den Abend mit gequältem Lächeln durchzustehen.
Am Schluss der Geschichte kommt dann eine wunderbare Irritation für den Leser. Am Ende der Party sieht die Hausfrau die Schwester nicht mehr und fragt deren Bruder nach ihrem Verbleib. „Welche Schwester?”, fragt der Mann.
Was also ist passiert? Der Leser kann nur mutmaßen. War die Schwester ein alter ego der Gastgeberin, das ihr gezeigt hat, dass ein anderes unverkrampftes Leben möglich ist? Oder? – Gelungene Kritik einer hohlen Mittelklasse, die in Ritualen erstarrt ist und in einem vorgegebenen falschen Leben lebt.

Herzlichen Glückwunsch im Namen der gesamten LesArt.Preis-Jury an Lisa Roy zum LesArt.Preis 2021!

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Der LesArt.Preis der jungen Literatur ist mit EUR 1.000,– dotiert, von der Sparkasse Dortmund gestiftet und wurde bei der LesArt.Gala am 13. November 2021 von Vorstandsmitglied der Sparkasse Dortmund Herrn Jörg Busatta im Domicil Dortmund überreicht.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2020

Clara Werdin

Sommer vorm Kokon – Clara Werdin gewinnt mit „Als wir Steine waren” den LesArt.Preis 2020

Laudatio

Von Frederike Juliane Jacob

In Emir Kusturicas phantastischem Film-Märchen Schwarze Katze Weisser Kater, preisgekrönt in Venedig 1998, lange bevor Kusturica mit fragwürdigen Huldigungen und rüden Nationalismen zu lärmen begann, gibt es eine Szene, die auf wundervollste Weise den Sommer in seiner schönsten Leichtigkeit preist, den scheinbar unendlichen Augenblick zelebriert und zugleich um die Fragilität und die Vergänglichkeit von allem weiß:
Der schelmische Großvater des Protagonisten ist aus dem Krankenhaus entlassen und feiert seine wiedergewonnene Freiheit unter einem Baum am Donauufer liegend. Die Kamera folgt dem Blick des Alten, hoch in die belaubten Zweige, durch die das gleissende Sommersonnenlicht glitzert. Eine Brass-Kapelle ist in den Baum geknotet, deren flirrender Sound sich wie ein Prisma mit dem Licht verbindet. Am Ufer ein Jahrmarkt und umhertollende Kinder, ein Pferdegespann döst im Schatten des Baumes, der Enkel trifft seine große Liebe und der Opa säuft Schnaps aus der Flasche und freut sich des Lebens um dessen Vergänglichkeit er weiß, ganz im Gegensatz zu den anderen, für die die Endlichkeit nur eine Behauptung ist.
Diese Szene kam mir bei der Lektüre von Als wir Steine waren in den Sinn.
Es ist Sommer in Clara Werdins Text und was für einer. Ein Sommer voll lässiger Leichtigkeit, ein Sommer der glücklich geteilt wird von zwei Herzensfreundinnen. Wortsammlerin die eine, Steineliebhaberin die andere und beide einander derart zugetan, dass allein in dieser Innigkeit etwas Unendliches liegt und gleichzeitig die Fragilität des Ganzen bereits von Anbeginn an miterzählt wird. Eine Fragilität, die so zart ist, wie die Buchstaben und Wörter, die die Ich-Erzählerin ausschneidet und zu Landschaften aus Papier zusammenfügt und die so flüchtig ist, wie klares Wasser, das in einem munteren Bächlein über die unzähligen Kieselsteine strömt, hierhin und dorthin plätschert, gebettet in einem weichen ‚let it flow‘. Möglicherweise liegt eine subtile Sehnsucht in der Luft, aber wenn dann eine, die hier ausnahmsweise erst einmal erfüllt wird. Unter einer alten Linde im Garten sitzen die beiden zu Beginn, umwölbt vom Blätterdach, durch das hier und da locker das Sonnenlicht fällt. Dort in ihren Gartenstühlen hinter dem Haus gestalten sie Texte im ‚wahrsten Sinne des Wortes’ durch Zettelträumereien, durch hinreissend analoges Schnipseln, Streichen und Weglassen von Wörtern in vorhandenen Texten, durch Ausschneiden und Zusammenkleben, durch scrabbleartiges Gepuzzle und Geschiebe. Eine verspielte Hommage an die Korrektur als eine Kulturtechnik der Textproduktion, die einen vorhandenen Text durch Streichung, Auslassung, Ergänzung, Umstellung, Übermalung dekontextualisiert, dekonstruiert, überschreibt und nebenbei die Frage der Autorschaft fröhlich ad absurdum führt. Ausgerechnet in einer Puddingschüssel werden die Wörter aufbewahrt, gibt es einen verheissungsvolleren Aufbewahrungsort? Höchstens wohl eine Bonboniere. Den Soundtrack zu dieser Szenerie liefert der Wind in der Linde, der sanft in ihren Blättern raschelt, das einträchtige Schweigen der Freundinnen und die Psychedelic-Folk Gitarren von Dr. Dog. Zum Schwimmen geht es in das dunkelgrüne, blickdichte Wasser des Kanals.
Und wie ein jeder Sommer irgendwann seinen Höhepunkt erreicht, die Tage nicht mehr länger werden und die Pflanzen aufhören zu sprießen und in die Phase des Reifens treten, drängt sich ein viertes Element in den Reigen aus Wasser, Erde und Luft. Was wäre ein Sommer ohne (Beach-) Party? Die Freundinnen verkleiden sich zu diesem Anlass ausgerechnet als Wasser, als Meerwasser die eine, als Wasser mit Kohlensäure die andere, als auf dieser Party die Ich-Erzählerin in einer eher flüchtigen Begegnung von der ersten großen und schmerzhaft vergangenen Liebe ihrer Freundin gestreift wird. Wie auf einer großen Welle treiben sie aufeinander zu, entrückt und beglückt, im Wogen der Strömung, er und sie, sie und er.
Damit findet die Dyade des Sommers ihr Ende. Es wird dreieckig und herbstlich.

Und weil auf der einen Seite nichts und auf der anderen Seite alles für immer ist, oszillieren die Figuren in Clara Werdins Text sehr gekonnt zwischen Leichtigkeit und Tiefe, zwischen treiben lassen und lenken und man ahnt, dass dieser Sommer für seine Figuren ewig währt und auch den Lesenden wird das Rascheln im Laub der Linde, der Sog des Wassers und vielleicht eine leise Erinnerung an ganz etwas anderes noch ein wenig begleiten.

Clara Werdin wurde in einem kleinen Dorf in Ostwestfalen geboren. In Dortmund studiert sie derzeit Angewandte Literatur- und Kulturwissenschaften. Die erste Geschichte, die sie geschrieben hat, handelte von einem Pony namens Schnucki, das fliegen konnte. Da war Clara Werdin etwa sechs Jahre alt. Mittlerweile schreibt sie lieber über Dinge aus ihrem Alltag. Ihre Lieblingsautorin ist Ingeborg Bachmann, ihr Lieblingsautor Erich Kästner. Clara Werdin sagt von sich, sie liebe Wörter: „Meine Lieblingswörter sind Petersilie, Plusquamperfekt und Renate – Renate, weil ich finde, dass Renate ein Gefühl ist! Es gibt ein Gedicht von Herta Müller, das geht so: ‚Immer, wenn ich eine große Liebe hatte, sagte der Mann, war sie wie die Knospe einer Lilie, aber mit der Zeit hieß sie Renate.‘ Sehen Sie. Renate ist ein Gefühl.“

Herzlichen Glückwunsch im Namen der gesamten LesArt.Preis-Jury an Clara Werdin zum LesArt.Preis 2020!

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Der LesArt.Preis der jungen Literatur ist mit EUR 800,– dotiert, von der Sparkasse Dortmund gestiftet und ging 2020 an Clara Werdin mit ihrem Text „Als wir Steine waren”.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2019

Simone Saftig

Der LesArt.Preis für junge Literatur geht 2019 an Simone Saftig. Ihr „Raufaserblues” konnte sich gegen die anderen sehr starken Texte schließlich bei der Jury durchsetzen. Herzlichen Glückwunsch!

Laudatio „Raufaserblues“

Ralf Thenior

Die Jury hatte es dieses Mal nicht leicht. Bei erster Bestandsaufnahme lagen von den acht Jurymitgliedern acht verschiedene Favoriten auf dem Tisch. Das lässt zwar auf eine gleichwertige Qualität der Einsendungen schließen, machte aber die Entscheidung, welchem Text der Preis zuzuerkennen ist, zur Qual der Wahl.
Nach mehreren weiteren Durchgängen zeichnete sich aber doch ein klares Votum ab. Der Gewinnertext ist "Raufaserblues", eine Geschichte, die nicht nur wegen ihrer überraschenden Wendung am Schluss gelobt wurde.
Besonders hervorzuheben ist das geschickte Spiel der Autorin mit der Erwartungshaltung der Leserin, des Lesers. Schon der erste Satz der Geschichte verweist auf etwas, das bisher nicht geschehen ist und auch in dieser Geschichte nicht eintreten wird: ein Liebeserlebnis. Die Tristheit des Titels "Raufaserblues" verstärkt diesen Eindruck noch.
Dann wird eine Strumpfhose angezogen, über Laufmaschen meditiert und die Leserin, der Leser begleitet die Ich-Erzählerin bei den Vorbereitungen zur Teilnahme an einer Party. Schon hier setzt die Autorin Zeichen für ihr Vexierspiel, indem sie auf die Kontextabhängigkeit der Bedeutung von Wörtern und Sachverhalten anhand des Wortes Zehe verweist, das je nach Wortumfeld eine Fußzehe oder eine Knoblauchzehe meinen kann.
Man folgt der Erzählerin auf ihrem Weg zur Party, die – wie erwartet – auch wieder nur ein Schlag ins Wasser zu sein scheint. Ein Mädchen macht die Erzählerin auf die Laufmasche in der Strumpfhose aufmerksam und der Leser beginnt, sich über deren Kommentar zu wundern. Sie unterstellt dem Mädchen Stolz, mit ihr gesprochen zu haben, aber auch Erleichterung darüber, dass das Gespräch durch einen anderen Partygast unterbrochen wird. Aber wieso?
Die Beobachtung des öden Partygeplappers und der Verzehrgewohnheiten der Gäste wird durch eine angenehme Männerstimme nahe am Ohr der Erzählerin unterbrochen. Und im folgenden Gespräch erlebt der Leser, die Leserin eine Überraschung und vielleicht den Anfang einer zarten Liebesgeschichte.
Der harte Bruch in der Wahrnehmung des gegebenen Sachverhalts, der den Leser kurz vor Schluss der Geschichte ereilt, zeigt ihm, wie er selbst tradierte Rollenverhalten verinnerlicht hat.
All dies ist gekonnt in Szene gesetzt, hat Witz und Alltagsanarchie ebenso wie einen scharfen Blick auf die Materialität von Wörtern und Dingen.

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Der LesArt.Preis der jungen Literatur ist mit EUR 800,– dotiert, von der Sparkasse Dortmund gestiftet und wurde bei der LesArt.Gala mit Andrea Sawatzki am 16. November 2019 von Vorstandsmitglied der Sparkasse Dortmund Herrn Jörg Busatta im Domicil Dortmund überreicht.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2018

Evi Spies

 

Laudatio „Entsorgung“

ivette vivien kunkel

Schließlich also setzte sich die enorm handliche und auf den ersten blick eher schlichte Kurzgeschichte „Entsorgung“ durch – ein knapp anderthalb Seiten kurzer Text ohne erkennbare Absätze, ohne Dialog oder direkte rede und ohne irgendwelche sprachlichen Manieriertheiten – kurz: keine Schnörkel, kein Blinken oder Glitzern, kein unnötiges Tamtam.
Es ist schon so einiges an handwerklichem Können, jede Menge Übung und eine gute Portion Talent nötig, damit etwas – sei es in der Literatur oder in der Kunst, aber ebenso bei Design und Architektur – so leichtfüßig, schlicht und unaufgeregt daherkommt; und dennoch unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht und sie dann nicht mehr loslässt.
Ich meine damit nicht, dass „Entsorgung“ sich so einfach nebenbei runterlesen ließe oder in einen widerstandsfreien Plauderton verfällt, also keine sprachliche Rumkumpelei. Es ist eher sogar eine Erzählstimme, die uns auf Distanz hält und auf unseren Platz als Leser, als Zuschauer, in dem sinne als Konsument verweist – denn so sehr uns eine Geschichte auch mitreißen mag, wir uns mit den handelnden identifizieren und auf ihren Abenteuern mit ihnen mitfiebern: wir sind und bleiben Beobachter, wir bleiben außerhalb all dessen; wir können nicht eingreifen und haben immer Sicherheitsabstand zu den Geschehnissen. Und auch, wenn es sich oft anders anfühlt: wir können nur zuschauen und weiterlesen.
Genau hier will uns die Erzählstimme in „Entsorgung“ aber auch haben.
Zum Glück sind wir dabei nicht allein, wir müssen uns nicht unwohl fühlen oder irgendwie fürchten, unangemeldet in ein Privatleben hineinzuplatzen. Es werden keine Geheimnisse gelüftet, es gibt keine Leichen im Keller und keine heimlichen Affären. Wir sehen genau das Gleiche, das auch die Nachbarin Majowski aus der 1c sieht, wenn sie aus ihrem Fenster blickt.
Es geht um Konsum – also um den grenzenlosen Konsum von Daten, Informationen, Attraktionen, von Video-Clips und Tutorials, von Fragmenten und Szenen fremder Leben – und es geht um Anti-Konsum, um ein weniger haben und weniger werden, um Vereinfachung: „Simplify yourself, reduce to the max“ und dieses Maximum der Minimalisierung ist erreicht mit dem krümelosen, eigenen Verschwinden.
Befreit von allem Tamtam, ohne Glitzer und Bühne und Publikum und Nachbarn und all die kleinen Ablenkungen, also nur der Text und ich und ein wenig Zeit, erst dann zeigt sich „Entsorgung“ in seiner vollen Größe und entfaltet sein ganzes Gewicht, und Schicht um Schicht macht diese Geschichte mehr Freude; es lohnt sich also, sie in aller Ruhe noch einmal zu lesen und selbst zu entdecken.


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Evi Spies freut sich über den LesArt.Preis 2018 und die Preissumme in Höhe von 800 Euro gestiftet von der Sparkasse Dortmund.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2017

Rabea Gruber

Begründung der Jury:
Eine schnörkellose Sprache, die sich dem Leser nicht aufdrängt, die aber auch nichts verschleiert oder schönt; sie tritt sozusagen hinter die Geschichte zurück und genügt sich darin, zu erzählen und zu beschreiben: gerade soviel, dass sich der leser nicht allein gelassen fühlt, und nur so wenig, dass am Ende des Textes eine seltsame Art von Heiterkeit und ein unbestimmt leichtes Gefühl zurückbleibt.
Und dies, obwohl oder gerade weil die Geschichte selbst alles andere als heiter und leicht ist. Auf wirklich kleinstem Raum und mit einfachsten Mitteln werden zahlreiche Widersprüchlichkeiten des modernen Lebens aufgetan, Widersprüche zwischen einer viel zu schnellen und immer funktionierenden Welt und einem zerrüttelten Ich, das haltlos ist, keinen Halt will und doch versucht, ihn sich mit eigenen Mitteln zu organisieren. Halt findet sich manchmal nur in der Haltlosigkeit. In kleinen Begegnungen und Begebenheiten wird dies erzählt und untersucht - dabei jedoch niemals verurteilt.
Um es ganz kurz zu fassen: Herz, Hirn und Handwerk - dies waren die hauptsächlichen Gründe, warum sich die mehrköpfige Jury in diesem Jahr für den Text „Carlo, ich, das Blumenbeet“ von Rabea Gruber entschieden hat. 


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Rabea Gruber nimmt den LesArt.Preis 2017 und einen Scheck in Höhe von 800 Euro aus den Händen von Jörg Busatta, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, entgegen.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2016

Robin Krick

Laudatio "Greiner", Gewinnertext des LesArt.Preises 2016
Robin Krick beteiligt sich seit dem Jahr 2010 an dem Wettbewerb um den Preis der jungen Literatur. So ist es der Jury möglich, die stetig gewachsene Qualität seiner Arbeit zu beurteilen und mitzuverfolgen, wie hier einer wirklich leidenschaftlich und mit wachsender Kenntnis von Literatur kontinuierlich an seiner literarischen Entwicklung arbeitet.
Die vorliegende Arbeit "Greiner" erzählt stringent eine Geschichte, entwickelt in sachlichem Rhythmus eine Schilderung, die den Leser mehr und mehr in den Bann zieht. Kein Wort zuviel. Realität, Beziehungen, Handeln, nichts ist verlässlich. Bis zum Schluss.
Eine großartig erzählte Geschichte, die sich knapp gegen andere gut erzählte literarische Arbeiten, die in diesem Jahr eingesandt wurden, durchsetzte.


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Robin Krick (m.) nimmt den LesArt.Preis 2016 und einen Scheck in Höhe von 800 Euro aus den Händen von Jörg Busatta (l.), Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, entgegen. Moderator: Gregor Schnittker



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2015

Tobias Kreutzer

Laudatio "Spektralfarben", Gewinnertext des LesArt.Preises 2015
Spektralfarben ist schmutzig. Und stolz darauf.
Da schreibt jemand, wie er spricht, wo der Ton- kein Zufall, aber auch eben nicht kalkuliert ist. Er verfügt über eine eigene, raue Stimme, die sich ihrer Kratzigkeit nicht schämt, wenn man so will.
Stringent und bildverliebt erzählt Spektralfarben weniger die Geschichte denn vielmehr das Gefühl einer behüteten Jugend und der kleinen Ausbrüche, der zaghaften Rebellion. Für den Rapsong zu wenig extrem, für das Elternhaus zu asozial heißt es da, und der rotzige, fast widerwillige Tonfall transportiert das besser als jede Handlung es könnte.
Es gelingt dem Autor, seine eigene Stimme nicht nur zu finden, sondern auch, sie ohne sichtbare Anstrengung zu halten. So wirkt Spektralfarben nie bemüht oder konstruiert, auch in seinen Brüchen nicht.
Kurzum: Spektralfarben klingt authentisch, durchweg, und ist dabei wunderbar gewitzt in seiner Schnodderigkeit. Charmant und klug, ohne sich darum zu bemühen, so sagt es der Text selbst: Wie cool ist das denn bitte?


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Florian Kreutzer (l.) nimmt für seinen Bruder Tobias, der sich für ein Auslandssemester in den USA aufhält, den LesArt.Preis 2015 und einen Scheck in Höhe von 800 Euro aus den Händen von Jörg Busatta (r.), Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, entgegen.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2014

Ann-Kristin Hensen

Laudatio: Ann-Kristin Hensen
„Countdown“ – Gewinnertext des LesArt.Preises für junge Literatur 2014

Was passiert, wenn man einen Philosophiestudenten und einen Schreiner unter ein Dach steckt und dann plötzlich eine ungewöhnliche Berufung dazwischen kommt? In Ann-Kristin Hensen wunderbar skurriler und fesselnder Geschichte, nimmt das dunkle Geheimnis eines Mitbewohners unvorhersehbare Ausmaße an.
In der Kurzgeschichte „Countdown“ lässt die Autorin uns in die kleine WG Welt ihrer beiden absolut sympathischen wenn auch geheimnisvollen Protagonisten eintauchen, denen sie sich mit viel Liebe zum Detail widmet. Vor allem durch die authentisch geschriebenen Dialoge lässt Hensen diese vielschichtige Freundschaft und die tragische Geschichte dahinter in sprachlich besonderer Form lebendig werden. Geschickt gelingt es der Autorin unser Verständnis von Realität in Frage zu stellen ohne dabei in den Genre-Kitsch abzudriften.
Was zunächst wie eine studentische WG-Studie aussieht, entpuppt sich als ein zeitgenössisches Großstadtmärchen. Der Plot zieht den Leser sofort in seinen Bann – lässt ihn das Beste hoffen und das Schlimmste vermuten. Wir könnten jetzt noch viele weitere Details aufzählen – doch machen wir’s kurz: Ann-Kristin Hensen ist eine durchweg runde Geschichte gelungen und am Ende werden sicher auch Sie erst einmal „Einatmen, zählen und ausatmen“.


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Ann-Kristin Hensen (r.) nimmt den LesArt.Preis 2014 und einen Scheck in Höhe von 750 Euro aus den Händen von Jörg Busatta (l.), Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, entgegen.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2013

Merle Gries


Kill Your Darling
Mit dem Kurzkrimi "Kill you Darling" ist Merle Gries vieles gelungen, was eine gute Kurzgeschichte ausmacht: ein spannender Plot sowie sprachliches Geschick gepaart mit einem überraschenden Ende. Stets gespannt wartet der Leser auf jeden nächsten Satz und kann den Text bis zum Schluss nicht aus der Hand legen.
Die vivide, mitreißende Beschreibung des Paares Mora und Tom bietet sowohl eine Vielzahl an Identifikationsmöglichkeiten und Anknüpfungspunkten als auch geschickt gesetzte Pointen. Unbemerkt drängt sich dem Leser die Frage auf, wer seinen Partner nicht schon mal in Gedanken am liebsten umgebracht hätte,?
Die Perspektivwechsel zwischen den Protagonisten machen die Figuren greifbar, ohne den Leser jedoch zu verwirren, sie halten Erzählfluss lebendig und verleihen der Story eine eigene Dynamik. Doch "Kill your Darling" besticht nicht nur durch die sichere stilistische Umsetzung einer komplexen Erzählidee, sondern auch durch eine überzeugende Schlüssigkeit.
Wir gratulieren Merle Gries zum LesArt.Preis der jungen Literatur 2013.


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LesArt.Preis 2013 für Merle Gries


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Nele Gries (l.) nimmt in Vertretung für ihre Schwester Merle Gries, die wegen eines Auslandssemester in Mexiko ist, den LesArt.Preis 2013 und einen Scheck in Höhe von 750 Euro aus den Händen von Jörg Busatta (r.), Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, entgegen.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2012

Mathias Märtin


Begründung der Jury
«In seinem Text "Rhinocerus alatus" widmet sich der Autor Mathias Märtin einer lokalen Besonderheit, die das Dortmunder Stadtbild schon lange prägt: Dem geflügelten Nashorn. Seine mit Fakten gespickte Erzählung erweckt er einen Alltagsmythos zum Leben. Durch die clevere Verbindung von wissenschaftlichen Arbeitsmethoden mit Beobachtungen aus dem alltäglichen Studentenleben, zeichnet Märtin ein ironisches Bild der Dortmunder Lebensweisen. Die pseudowissenschaftliche Beschreibung eines urbanen Mythos erzeugt einen subtilen Humor, der sich nur schwer beschreiben lässt. Trotz seines parodistischen Untertons erzeugt Märtin eine für die Leser erfahrbare Textwelt, die zum weiterdenken einlädt. Denn frei nach Märtin: Das Nashorn ist da und es darf nicht sterben.»
Herzlichen Glückwunsch, Mathias Märtin!



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Jörg Busatta (l.), Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Dortmund, überreicht Mathias Märtin (r.) den LesArt.Preis 2012 und einen Scheck in Höhe von 750 Euro.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2011

Nina Portnoy

Begründung der Jury
Aus einer Anzahl preiswürdiger Texte hat sich die Jury auf den Text »Der Test« von Nina Portnoy geeinigt.
Sie beschreibt eine allen geläufige Prüfungssituation. Prüfungsstress, Abitur, Albträume vor wichtigen Veranstaltungen, Aufregung und Lampenfieber kennt jeder. Dennoch gelingt es der Autorin, aus dieser geläufigen Situation eine beklemmende Geschichte zu entwickeln, die den Leser in den Bann zieht. Sie dreht so weit an der Spannungsschraube, dass der mitleidende Leser es fast nicht mehr aushält - bis zu der unvorhersehbaren Wendung am Ende, die aber auch keine Erleichterung verschafft.
»Der Test« – eine überzeugende, dicht erzählte Geschichte einer jungen Autorin, von der wir weiterhin gern Neues lesen würden.



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Uwe Samulewicz (r.), Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dortmund, überreicht Nina Portnoy (l.) den LesArt.Preis 2011 und einen Scheck in Höhe von 750 Euro.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2010

Rainer Holl

Aus der Begründung der Jury
Rainer Holl hat in einer sehr originellen Sprache den Wandel eines im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehenden Dortmunder Wahrzeichens aus ganz eigener Sicht beleuchtet. Er schreibt den U-Turm als ein Zeichen individueller Projektionen im Meer der städtischen und weltpolitischen Entwicklung. Die Jury überzeugt seine Sprachphantasie und seine lapidare Schilderung des emotionalen Zusammenhang des Individuums mit seiner Stadt.



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Jörg Busatta (l.), Mitglied des Vorstands der Sparkasse Dortmund, überreicht Rainer Holl (r.) den LesArt.Preis 2010 und einen Scheck in Höhe von 750 Euro.



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2009

Dennis Maßmann

Begründung der Jury
"Der Text ist in einfacher Sprache geschrieben. Er schafft mit dem ersten Satz eine eigene Realität, die den Leser in den Bann zieht, ohne dass er sie entschlüsseln könnte. Wenn man dem Autor folgt, wird klar: es ist keine Märchenwelt, keine Fantasy-Erzählung, keine mystische Welt außerhalb der unseren. Er schildert mit der Sprache des Magischen, des Mystischen und der Verwandlung der Welt durch Einbildung den Zusammenbruch eines jungen Menschen.
Die Stärke des Texts liegt darin, dass sich dann trotzdem vom überraschenden, alles erklärenden Ende her eben doch nicht alles mit logischer Zuordnung entschlüsseln lässt. Etwas Geheimnisvolles bleibt."

"Die Welt, in der Dennis Maßmann von Berufs wegen unterwegs ist, mal tags, mal nachts, ist nur selten eine erfreuliche Welt. Dennis Maßmann fährt als Rettungssanitäter durch unsere Stadt. Ganz offensichtlich aber hat sich der Retter so etwas wie eine Gegenwelt geschaffen. Dennis schreibt. ..." [weiterlesen]DerWesten, WR, Kultur, 07.12.2009, Rainer Wanzelius



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Der LesArt.Preisträger 2009 Dennis Maßmann (l.) erhält den mit 750 Euro dotierten LesArt.Preis aus den Händen von Uwe Samulewicz (r.), Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dortmund



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2008

Benjamin Brand

Aus einer Fülle von Einsendungen hat die fünfköpfige Jury aus Vertreterinnen und Vertretern des Vereins für Literatur, der TU Dortmund Abteilung Kulturwissenschaften/Germanistik, der Sparkasse Dortmund und des LesArt.Festivals in diesem Jahr dem Beitrag von Benjamin Brand den LesArt.Preis der jungen Literatur zuerkannt.
Angesichts der herausragenden Qualität von drei weiteren Einsendungen der Autor/innen Mathias Maertin, Christina Meissner und Nina Portnoy ist die Auswahl der Jury nicht leicht gefallen – zumal die literarischen Ansätze, Inhalte und Schreibweisen jeweils ganz unterschiedlich, doch mit einer anerkennenswerten literarischen Qualität umgesetzt worden sind. Die Jury hatte die Qual der Wahl, aber ganz besonders die Freude des Lesens. Wir danken allen Einsenderinnen und Einsendern für ihre Texte. Ganz besonders erwähnen möchten wir, dass in diesem Jahr eine ganze Reihe Texte von ganz jungen Nachwuchsautorinnen eingesandt wurden. Von denen halten wir den Text von Franziska Jürgens "Fehlende Bilder" für besonders erwähnenswert.
Wir sind sicher, dass – wie in der kurzen, aber schönen Geschichte des LesArt.Preises der jungen Literatur – diejenigen, die in diesem Jahr nicht mit dem Preis ausgezeichnet werden konnten, weiter schreiben und ihren Weg in die literarische Öffentlichkeit finden werden – vielleicht auch beim nächsten LesArt.Preis der jungen Literatur. Dazu wünschen wir ihnen viel Glück.

Benjamin Brand gewinnt mit seinem Text "Marginalien"

Benjamin Brands Text "Marginalien" hat den LesArt. Preis der jungen Literatur gewonnen, weil er in meisterlicher Übertreibung den Begriff der Marginalie, des kommentierend an den Rand Geschriebenen, nur am Rande Bedeutenden und den Begriff des kommentierten erzählerischen – eigentlich bedeutungsvollen – Inhalts in einem spielerischen – beim Leser Schwindel und Staunen erregenden – Prozess auf die Spitze treibt
Dieser Text selbst provoziert wiederum so viele Marginalien bei seinen Lesern, dass die Jury eigentlich einen Layout-Gestaltungswettbewerb zur seiner satztechnischen Umsetzung ausschreiben möchte.
Die Jury hat mit der Entscheidung für diesen Text auch dem in der literarischen Öffentlichkeit nicht immer im Vordergrund stehenden Genre der literarischen Artistik in Inhalt und Form die ihm zustehende Beachtung schenken wollen. Wir freuen uns, dass wir in "Marginalien" ein Beispiel dieses Genres haben, das den LesArt.Preis der jungen Literatur verdient.
Die Jury des LesArt.Preises der jungen Literatur

»Hummer jonglieren...«

»Penelope Shuttle, eine sehr bekannte britische Lyrikerin, saß 1994 in der Jury des Arvon Poetry Wettbewerbs, einer der größten weltweiten Lyrikwettbewerbe, und antwortete u.A. auf die Frage nach Ihren Kriterien zur Auswahl eines Textes, dass für sie ein Text "auf einem Trampolin springen und dabei mit lebendigen Hummern jonglieren" müsse. Dieses Bild hat sich mir, als ich damals davon las, besonders eingeprägt, enthält es doch geanu die Qualitäten, die auch wir als Jury an einem Text besonders schätzen.
Das heißt also, wer die Nerven hat, sich an dieses Kunststück heranzuwagen, der muss Sinn für das Ungewöhnliche, das Originelle haben, der muss bereit sein, Risiken einzugehen. Er muss aber auch einen Sinn für Humor, Timing und Präzision haben und die Geduld aufbringen, immer wieder an dem Kunststück zu arbeiten, es zu üben, bis jeder Handgriff richtig sitzt – es spielen also nicht nur die Artistik mit Kraft, Balance, Konzentration, sondern auch insbesondere Handwerk und Fingerfertigkeit eine wichtigen Rolle. Gleichzeitig ist das Bild auch witzig, wir wünschen uns vom Urheber also eine gehörige Portion Humor.
Genau dies beinhaltet der Text "Marginalien" von Benjamin Brand.
Ungewöhnlich/Originell: "Marginalie (von lateinisch margo Rand, marginalis zum Rand gehörig) bezeichnet man im Buch- und Handschriftenwesen eine auf den Rand eines Textes geschriebene Bemerkung, die eine Kommentar, einen Hinweis (z.B. Querverweis oder Quellenangabe) oder eine Korrektur zu einer Stelle des Textes bietet. ... eine wertvolle Hilfe zum Verständnis ..."
Humor: Brand hat das Prinzip der Marginalie dermaßen auf die Spitze getrieben, dass der Text im Grunde nur aus Bemerkungen besteht.
Artistik: Das Kunststück besteht darin, dass obwohl er das Verhältnis zwischen dem Kommentar und dem zu kommentierenden Text völlig auf den Kopf stellt, es ihm gelingt, einen kohärenten Text zu schreiben, der seinen Lesern zwar mögliche Antworten auf die Frage nach dem Schreibprozess – wer ist dieses ICH? was bedeutet SCHREIBEN? – anbietet, gleichzeitig jedoch eine ganze Reihe neuer Fragen, oder wenn Sie wollen, neuer Marginalien provoziert, und so zum Weiterdenken anregt.
Timing/Präzision: Benjamin Brands Text ist sprachlich außergewöhlich elegant geschrieben und gut organisiert, beides kann man nur erreichen durch sehr viel Übung, die eine Grundvoraussetzung auch dieses Handwerks ist und nur so gelingt ihm auch die Fingerfertigkeit.
Herlichen Glückwunsch, Benjamin Brand!«
Claudia e. Kraszkiewicz
für die LesArt.Preis 2008 Jury



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Benjamin Brand und Franziska Jürgens



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2007

Tobias Rauh

Begründung der Jury
»Mit Tobias Rauh zeichnen wir einen Autor aus, der sich in besonderem Maße der Beschreibung des Alltagslebens unserer Dortmunder Nordstadt widmet: Nachbarn treffen sich am Kiosk, entwenden sich gegenseitig Autoreifen, sind jedoch stets füreinander da, wenn die Lage allzu brenzlig wird; sie trinken Bier, unterhalten sich über Fußball und das Leben, nebenbei erfährt man allerlei Interessantes über ihre – gelegentlich überraschende und mit der allgemeinen Auffassung nicht immer ganz konforme – Einstellung zum Leben.
Tobias Rauhs Texte haben einen eigenen Ton, einen Rhythmus, der eingängig ist, und hat man ihn einmal im Ohr, bekommt man ihn nur schwer wieder heraus.
Die Figuren, die seine Geschichten bevölkern sind zwar nicht selten bis zur Skurrilität überzeichnet, aber dennoch liegt es Tobias Rauh fern, sie der allgemeinen Lächerlichkeit preiszugeben. Trotz der oft humorvollen Schilderungen, verrät er seine Figuren nicht, sondern lässt jenseits der – oft genug ins Absurde mäandernden – Situationskomik Respekt und große Sympathie aufscheinen.«



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Der LesArt.Preisträger 2007 Tobias Rauh (l.) erhält den mit 750 Euro dotierten LesArt.Preis



LesArt.Preis
der jungen Literatur 2006

Sylvia Guse und Cüneyt Seven

Der LesArt.Preis ist eine Initiative der Sparkasse Dortmund zur Förderung junger, literarischer Talente. Er ist mit 750,- EUR dotiert.
Der Preis war in diesem Jahr ausgeschrieben mit dem Motto "Fantastische Literatur - Andere Welten". Er ist nicht die Belohnung für literarische Höchstleitungen, sonderns soll eine herausragende Leistung von literarischen Newcomern (Einsteigern) aus Dortmund würdigen, die einen eigenen Weg in die Welt der erzählenden Literatur erkennen lassen. Der Preis soll bestätigen und ermutigen. Das hat er in der Vergangenheit zu unserer großen Freude erfolgreich getan.
In diesem Jahr stachen aus den Bewerbern zwei junge Persönlichkeiten, eine junge Frau – Sylvia Guse – und ein junger Mann – Cüneyt Seven –, und mit ihnen zwei gänzlich unterschiedliche Erzählstile hervor, die wir nur gleichwertig anerkennen können.



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Cüneyt Seven und Sylvia Guse



Die Preisträgerinnen und Preisträger des LesArt.Preis' der jungen Literatur 2001–2004

2004: Ivette Vivien Kunkel

2003: Mirco Kussin

2002: Katharina Bauer

2001: Jörg Albrecht